Magendrücken und Leberlust

Wieder einmal musste mein Magen Schwerstarbeit leisten. Die Eltern hatten uns ins Tarantella am Reislinger Markt eingeladen. Wie der erste Satz schon erkennen lässt, war am Sättigungseffekt nichts zu beanstanden. Qualitätsmäßig dagegen zog sich ein Riss durch uns vier Gäste. Die Tomatensuppe war zweifellos selbst gemacht, mundete hervorragend, wurde aber wohl in der Mikrowelle erwärmt. Bei mir zogen sich infolgedessen Kältezonen durch die heiße Speise, die man durch kräftiges Umrühren neutralisieren musste. Wie nett - man beteiligt den Gast an der Zubereitung. Die übrigen Suppen waren heiß - die Minestrone allerdings meiner Vorgeneration zu fade, es fehlte ihnen der würzende Geschmack einer Brühe. Keine Ahnung ob Italiener "Wassersuppe" mögen. Die Hauptgerichte erworben durchweg Sympathiepunkte unserer vier Gaumen. Mein Grillteller mit Spaghetti in Tomatensauce halte ich für ein spannende, aber sehr wohlschmeckende Kombination -- selten habe ich so leckeres Grillfleisch genossen. Die Seezunge meines alten Herrn war dagegen mehr ein "Fischgulasch" aus vielen kleinen Teilen. Sie sorgte für viel Diskussionsstoff am Tisch: War sie beim Filettieren auseinandergefallen und wurde puzzlemäßig auf dem Teller zusammengesetzt und unter viel Sauce verborgen? Waren es gar Reste? Keiner, außer dem Koch, weiß es. Insgesamt kann ein Gesamturteil kaum besser als "Befriedigend" lauten - es schmeckt überwiegend gut, aber man muss mit Überraschungen rechnen.

Ab morgen beginnt unsere vorgezogene Fastenzeit ("Sechs Wochen ohne - mit Urlaubsunterbrechung"). In Anbetracht vieler alkoholfreier Wochen - meine Leber sehnt diese Tage herbei - haben wir am Abend noch schnell ein Fläschchen geleert - Grauer Burgunder, Auslese, trocken. Mmh.
Comments

Auf den Punkt gebracht

Wie viel Worthülsen, wie viel christlicher Ballast und wie viel Oberflächlichkeit prägen unseren Alltag? Adrian Plass brachte es auf den Punkt. Ob er recht realitätsnah einfallslose Hauskreise auf die Schippe nimmt ("Der Leiter las die erste Frage zum Text vor: 'War der Leprakranke glücklich, als er geheilt wurde?"), mit eigenen Vorurteilen liebäugelt ("Beim ersten Aufenthalt in Deutschland dachte ich: Deutsche lachen nicht. Deutsche Christen erst recht nicht.") oder von schwierigen Seelsorgeproblemen berichtet - er bleibt authentisch und setzt keine Maske auf, er ist und bleibt Adrian Plass und der hat viel Humor. Sehr britisch mit relativ unbewegten Gesichtszügen entlarvt er hohle Phrasen und leeres Gerede in der Gemeinde, spitzt dieselben dann so zu, dass nach dem Lachen genügend Raum zum Nachdenken bleibt. Und plötzlich, kaum merklich, war er bei Einzelfällen und zeigte die Folgen auf, die solches Gerede bei Einzelnen in seelischen Grenzsituationen haben kann. Bei aller Fröhlichkeit war ich dann doch sehr nachdenklich.
Comments

Arme Meisen

Keinesfalls Vögel bei offenem Wetter füttern sagen Naturschützer, das schadet ihnen. Wie gut, dass derartige Ratschläge die lieben kleinen Flügelbeweger nicht nötig haben. Sie ziehen, offensichtlich, die natürliche Nahrung vor, was der stark gesunkene Körnerverbrauch beweist. Mit 60 schleicht sich dabei ein leichtes (oder gar breites) Grinsen auf das Gesicht. Wie oft hat man schon Expertenprognosen wie Seifenblasen zerplatzen sehn. "Vögel nisten nicht in Nistkästen an Nadelbäumen", schrieb Mitte der 80er irgendein Umweltverband in seinem Faltblatt. Wie gut, dass unsere Meisen im Garten nicht lesen konnten, sie hätten sich wohl in ihrem Nistkasten totgelacht, die Armen.
Comments

Erinnerungen

Heute kam das Fotobuch über unseren Hurtigruten-Urlaub. So einen Bildband erst dreieinhalb Monate später anfertigen zu lassen hat schon was. Die alten Erinnerungen werden wieder aktiviert, noch einmal sieht man sich durch enge Fjorde mit hohen, schneegekrönten Bergen dahingleiten im wohltemperierten Panoramasalon. Der Blick fällt auf die einsamen Gehöfte am Fuße steil aufsteigender Hänge - wie klausurbedürftig muss man sein um sich hier wohlzufühlen? Die ausgedehnten Hafenanlagen mit ungezählten Jollen, Yachten und Kuttern entstehen vor den Augen - jeder Norweger hat ein Boot oder viele haben drei bis vier, wie auch immer. Die Gedanken fliegen zurück zur Mini-Suite mit frischem Obst jeden Tag, zur Brückenbesichtigung - die Schiffe fahren weitgehend per Autopilot - und den schweineteuren Bars und Boutiquen an Bord, aber das ist Norwegen live. Ach ja, die norwegischen Preise, ein Thema für Großverdiener und so ist es, monetär betrachtet, zu Hause durchaus sehr angenehm.
Comments

Silvester

Heute haben wir endlich den Silvesterabend nachgeholt oder wenigstens das traditionelle Käse-Fondue. Früher konnten wir locker zwei Portionen mit etwas Mühe verputzen, heute ist nach nur einer - und etwas weniger Mühe - Schluss. Ja, ja das Alter - aber immerhin lebt man sparsamer. Nur für meine Neujahrszigarre fehlte das adäquate Umfeld. Es war viel zu kalt und die ablenkende Wirkung explodierender Knallkörper musste ich schmerzlich vermissen. Ich lasse mir wohl besser Zeit und warte auf einen lauen Frühlingsabend.

Für den täglichen Leserkreis meines Blogs - laut Statistik 10 supernette Menschen - hätte ich noch eine Buchempfehlung: Krimis von Tatjana Kruse. Sie hat eine flotte Schreibe, einen feinfühligen Blick für Menschen und einen hintergründigen Humor, der die Bücher selbst dann lesenswert macht, wenn der Plot mal etwa schwach auf der Brust sein sollte. Sie ist über Google leicht im Internet zu finden.
Comments

Graf Douglas

Ich bin ein Schwarz-Müller. Ich produziere Müllmassen für die schwarze Tonne. Kaum ist Land in Sicht schon tauchen aus der Tiefe weitere Müllklippen auf, die zu entsorgen sind. Was habe ich nur alles aufgehoben? Disketten, die in den Computern keine Laufwerke mehr finden, Festplattenadapter zum externen Anschluss von Festplatten, die zwar nicht funktionieren, aber den Geruch schmorenden Kabels verbreiten - ganz schnell weg mit ihnen und CDs aus dem unergründlichen Fundus meiner Sammelleidenschaft. Ich komme mir vor wie der moderne Graf Douglas: "Ich hab es gesammelt sieben Jahr, ich kann es nun sammeln nicht mehr."
Comments

Tanz Genosse

Da ist mir ja ein interessantes Buch in die Hände oder besser ins iBook-App geraten: Die Vorsorge Lüge. Politik live - ich habe es in einem Zug durchgelesen. Ist schon beeindruckend wie ein funktionierendes Rentenmodell mit ein paar manipulativ aufbereiteten Daten und einer hochintelligenten Pressearbeit durch eine kapitalabschöpfende Version ersetzt wird. So ganz nebenbei machen Konzerne und Gutverdiener ihren Reibach und zahlen müssen die, die jetzt schon wenig haben. Bravo SPD. Da engagieren die Wirtschaftsführer ein paar professorale Dompteure und die Genossen machen Männchen: "Tanzt, Genossen" und sie tanzen. Und da soll ich noch zur Wahl gehen? Etwa die Reichen-FDP oder die CDU mit kastrierten Sozialausschüssen? Die Linke in ihrer schöngefärbten DDR-Nachtrauer? Die blöden Kälber wählen ihre Schlächter selber? Never.
Comments

Von Beulen und Freaks

Es begann mit dem Hauskreis und einem Text, an dem ich heftig zu knabbern habe. Nach viel intellektueller Knabberei am Abend endete der offizielle Teil. Der inoffizielle glänzte mit Häppchen. Auch daran hatte ich zu knabbern, aber das fiel mir leichter. Der dazu gereichte Rotwein wird seinen Teil mit beigetragen haben. O Tempora, o Mores - o Zeiten, o Sitten!

Ein kurzer Weg durch die frostklare Nacht hat mich Frostbeule dennoch fasziniert. So eine reine frisch duftende Luft, die für die Lungen reinste Erholung versprach, habe ich schon lange nicht mehr geatmet. So können selbst überzeugte Warmduscher zu temporären Frostfreaks werden.
Comments

Felicitas multos habet amicos

Am "frühen" Morgen treffen wir uns mit 14 anderen fidelen "Rentnern" und feiern Geburtstag mit einem ausgiebigen Frühstück. Mitten in der Woche, einfach so. Wir genießen den Kaffee, die leckeren Brötchen und die köstlichen von Rückert (er ist eine Empfehlung wert) belegten Platten. Man hat's schon gut als Privatier. Glück hat viele Freunde - das stimmt schon.
Comments

Räucherzimmer

So ein Kachelofen mit großem Sichtfenster ist etwas feines. Man schaut in die lodernden Flammen - besser ist kaum ein Fernsehprogramm - und genießt die wohlige Wärme. Bei gewissen Zugproblemen entfaltet sich das Thema ein klein wenig anders. Man schaut auf allmählich verlöschende Flämmchen und begegnet dem Aroma beißenden Rauches, das sich im Zimmer entfaltet und auf die Bronchien legt. Hust, hust ...
Comments

War die Reformation ein Fehler?

Ja, ich bekenne es, obwohl - oder gerade weil? - ich von Herzen überzeugter Christ bin, gehöre ich seit einigen Jahren nicht mehr der Landeskirche an, ich bin ausgetreten. Das fiel mir damals nicht leicht und hat mir immer wieder zu schaffen gemacht, denn eigentlich mag ich die Landeskirche - nur theologisch bin ich mit ihr verquer. Doch heute wurde meine damalige Entscheidung deutlich bekräftigt. Ein guter Bekannter war durch einen modernen Jugendgottesdienst stark irritiert und rief deshalb bei der Landeskirche Hannover, Kontakt, einen - nennen wir ihn Pastor G.- an. Der hatte es eilig, sein Zug ging wohl, und er erläuterte daher in gebotener Kurzfassung - so unser Bekannter - die gegenwärtig gültige kirchliche Sichtweise in etwa so: Gott ist allmächtig, einen Gegenspieler hat er nicht, der Teufel sei eine Erfindung und das Familienbild der Bibel sei nicht mehr aktuell. Das deckt sich, könnte ich mir gut vorstellen, sicher mit der Meinung vieler Kirchenmitglieder. Nur in der Bibel steht es halt anders.

Und jetzt kann ich leider nur noch sarkastisch fragen: Wie wäre es, wenn die Kirche konsequenterweise die Bibel umformulierte, um Irritationen aus den Evangelien, einschließlich der ansonsten so hoch gelobten Bergpredigt und den Briefen zu vermeiden? Das könnte doch manche, zum Teil mit Verbitterung geführte, Auseinandersetzungen um den Urtext vermeiden - schafft einfach einen neuen! Vielleicht, der Gedanke drängt sich auf, hat Luther doch einen Fehler gemacht, als er die Bibel übersetzte und sie für jedermann öffnete. Wäre sie weiterhin nur für Theologen lesbar, wäre es doch viel einfacher uns querköpfigen unverständigen Laien das jeweils zeitgeistig aktuelle Evangelium zu predigen. War die Reformation ein Fehler?

Ja, es ist mir bewusst, dass ich ab hier in die konservative Ecke gestellt werde. Dann sei es so. Ich hasse dieses zweidimensionale Denken: Freund/Feind, progressiv/konservativ oder schwarz/weiß. Wir Menschen fallen immer rechts oder links vom Pferd, reiten können wir nicht. Typisch ist unser Grabenkrieg um den Umgang mit Homosexuellen. Jahrhundertelang grenzen wir sie aus, nehmen keinerlei Rücksicht auf ihre Persönlichkeit und laden so Schuld über Schuld auf uns. Dann fällt uns nichts besseres ein, als die gleichgeschlechtliche Gemeinschaft der Ehe gleich zu stellen. Sorry, aber ein die Kirche durchdringender verständnisvoller Umgang mit biblischen Aussagen und ein gegenseitiges rücksichtsvolles Tragen und Ertragen funktioniert anders. Obwohl wir uns Gemeinde Jesu nennen, präferieren wir den Boxkampf - und zwar auf beiden Seiten. Die Positionen stehen festgemauert auf der Erden, nur mit Gewalt zu zerstören. Also gebrauchen wir beiderseits bombige Beschlüsse und Mauerspechte. Toll! Wer Mut zur Veränderung hat, begebe sich auf den langen gemeinsamen mühevollen Pilgerpfad der gegenseitigen Hochachtung und des Hörens aufeinander. Alle anderen mögen weiterhin ihre Giftpfeile verschießen - doch bedenkt eins: Giftpfeile sind niemals Segenspfeile.

Tja - und wie ich das alles noch einmal so lese, geht mir auf - ich bin nicht anders, wie das, was mich ärgert. Ich reagiere ebenso plump. Dennoch: Ich träume davon ein Ergebnis zu erarbeiten statt eine bestehende Meinung durchzusetzen. Ich träume von einem Evangelium für die Menschen statt eines menschlichen Evangeliums oder eines Evangeliums der Pflichten und Rechte. ich träume von einem liebenden Gott mit festen Grundsätzen und wünsche mir die Weisheit beides nicht zu verwechseln. Rolf, du armer Träumer.
Comments

Very British

Ich bin durchaus Inspektor Barnaby zugeneigt - diese englische Fernsehserie fasziniert mich. Nicht nur wegen des coolen Chief Inspectors, sondern noch viel mehr wegen der malerischen Kulissen, den ach so typischen englischen Charakteren und diesen putzigen Holzhäusern, deren Eingangstür direkt ins Wohnzimmer mündet, alternativ den herrschaftlichen Mini-Schlössern bzw. Herrensitzen mit ihren kauzigen Bewohnern. Dazu eine Handlung, die auf sympathische Weise vielgestaltige Vorurteile zu bestätigen scheint. Ein Hauptkommissar, der niemals ausrastet, sondern - very britsh - mit freundlichstem Tonfall eindrucksvolle Drohungen wirken lässt. Wirklich schade, dass inzwischen John Nettles seinen Dienst quittiert hat.
Comments

Freiflächen gesichtet

In meinem Büro wurden die ersten Freiflächen gesichtet. Die Ablage auf "Ebene 0" ist teilweise wieder möglich. Noch sind es Inseln, die sich aber nach und nach zu einem Kontinent vereinen. Wer ewig strebend sich bemüht, der wird Land gewinnen.
Comments

Wahlfrust und -lust

Am Sonntag ist Landtagswahl - doch wen soll ich wählen? Soll ich überhaupt wählen? Ein Test mit dem 'Wahl-o-mat' verlief ein wenig frustrierend. Eigentlich ist damit eine Wahlentscheidung doch einfach. Zu 38 Positionen muss man sich äußern: dafür - neutral oder dagegen. Dann markiert man die persönlich besonders wichtigen Aussagen, reduziert das persönliche Parteienspektrum auf maximal acht und - zack - präsentiert die Software die Parteien, die demzufolge am Besten passen. Das Ergebnis war für mich verblüffend. Okay, also vertiefe ich mich in die Einzelbegründungen der Parteien, korrigiere mich ein klein wenig und - wumm - liegt ein völlig entgegengesetztes Ergebnis vor. Die FDP zwar immer am Ende, deren Intentionen korrespondieren eben nicht mit meiner Gehaltsklasse, jedoch CDU, SPD und die Rentnerpartei rangeln Kopf an Kopf um mein Kreuz.

Hänge ich meine Entscheidung an den Mindestlohn, den Erhalt meiner Krankenkasse, an die Schuldenbremse mit 17 oder 20 oder gar an die (Nicht)Abschaffung der Brandzeichen für Pferde? Hat ein Brandzeichen eigentlich Auswirkungen auf den Geschmack der Pferdewurst? Ach was, ihr könnt mich alle mal - ich wähle die Rentnerpartei. Erstens gehöre ich bald zu deren Lobbygruppe, zweitens haben die Kandidaten alle ein Alter, das ein Hängen an Ämtern und Positionen auf natürliche Art und Weise begrenzt und drittens haben sie keine Chance, was mir die Möglichkeit eröffnet, über die Regierenden lauthals zu klagen ohne mich dem Vorwurf auszusetzen ich hätte sie - oder überhaupt nicht - gewählt.
Comments

Feldgesangbuch

Welche Geschichten könnten Bücher wohl aus ihrem 'Leben' erzählen? Wohin mögen sie ihre Besitzer überall begleitet haben? Beim Aufräumen fiel mir das abgegriffene "Evangelische Feldgesangbuch" in die Hände - mein Schwiegervater hat es durch seine langen Kriegsjahre hindurch - in Russland, durch den Balkan und in Frankreich - immer bei sich getragen.

Friedlich vereint sind in diesem dünnen Heft alte Choräle mit heroischen Gesängen bis zu Nazi-Machwerken. Das Vaterunser neben den "Berufspflichten des deutschen Soldaten", christliche Botschaften, die vergewaltigt werden zur Verharmlosung des Leidens und Sterbens und wenig später "Ich bete an die Macht der Liebe" und mittendrin auch noch ein Lied zum Geburtstag des Führers - eine schreckliche Mixtur und dennoch fanden geschundene Menschen darin Trost.

Noch kostbarer mit selbstgebasteltem Einband - der ursprüngliche war wohl zerschlissen - ist ein Neues Testament mit dem handschriftlichen Zusatz am Fuß der ersten Innenseite: "Dieses Testament erhalten in amerikanischer Kriegsgefangenschaft 1944". Ich kann nur entfernt ahnen mit welcher Erleichterung und Freude fünf Jahre später die Kopfnotiz ergänzt wurde: "Trautext: Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht. 3.9.49 Deichshausen". Welch ein wunderbares Ende einer furchtbaren Zeit - Gott sei von Herzen Dank!
Comments

Plaudertasche

Das Schöne am Leben als Privatiier ist das völlig andere Zeitmanagement. Man kann sich (fast) jederzeit Zeit nehmen. Zeit für eine Aufgabe (werde ich heute nicht fertig, dann halt morgen, wen stört's), für Urlaubsplanung, für Bummelei und vor allem für den kommunikativen Austausch mit der Angetrauten. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir Versäumtes aus vergangenen Lebensperioden heute nachholen. Meinungsaustausch beim Zeitungslesen, über Fernsehsendungen, Vogelstreitverhalten im Fütterungswesen und so weiter, und so weiter ... Eine Erfahrung aus Zeiten der Berufstätigkeit bestätigt sich: kaum Rentner schon Plaudertasche.

Etwas unbemerkter geschieht ein anderes. Man lernt zu schweigen - einfach den Mund zu halten und zu lesen, zu surfen, zu "was-weiß-ich" - einander Zeit gönnen für vielerlei Beschäftigungen, einfach die Rückzugsgebiete akzeptieren, die jeder benötigt.

Die Kunst dabei ist nur, beidem gerecht zu werden. Ewige Plauderei kann ganz schön nerven und Dauerschweigen zerstört jede Beziehung. Auf die Dosis kommt es an. Da muss individuell-paarweise angepasst werden. Probieren geht über studieren.
Comments

Netzknecht

Heute erledige ich nur mal schnell etwas im Internet. Dieser gefährliche Satz bedeutet im Klartext: "Heute bin ich den ganzen Vormittag, vielleicht auch den Nachmittag nur online tätig." Dokumente scannen, bearbeiten, ins 'pdf-Format' umwandeln, Größe optimieren, speichern und uploaden (auf einen Server im Internet heraufladen). Anschließend die Titelseite ausschneiden - schließlich möchte man zeigen, wie das Dokument aussieht -, bearbeiten, optimieren, als Bilddatei speichern . Dann beides für alle Dokumente wiederholen. Es folgt die Bildbearbeitung der einzufügenden Fotos (Auflösung und Größe ändern, optische und internetspezifische Optimierung, speichern). Das sind nur die Vorarbeiten.

Jetzt den Editor, das ist das Bearbeitungsprogramm für die Internetseiten, aufrufen, die Änderungen durchführen, Bilder einfügen, in der Vorschau begutachten, verbessern und "freischalten", also für alle sichtbar machen. Wenn dann die Kontrolle mit verschiedenen Browsern erfolgreich verläuft, ist man schon fertig. Wenn nicht, gibt es eine Strafrunde für den Netzknecht.
Comments

Router, Handventilator und Unmengen von Schnickschnack

Was man so alles aufhebt, was beim großen Ausmisten so alles ans Tageslicht kommt - ich staune gewaltig. Ein Uralt-Router aber schon mit WLan findet sich an, ein batteriebetriebener Handventilator für Soforthilfe bei Hitzewellen und technischer Kram, Kabel, Netzteile sowie allerlei seltsame Geräte tauchen aus der Versenkung auf. Ich muss mich schwer tadeln für derlei unbedachte Anschaffungen - auch eine Form der Vergangenheitsbewältigung, hoffentlich mit Zukunftsperspektive.

Der Trennungsschmerz von dem einen oder anderen Buch ist ungleich größer. Selbst wenn wir jahrelang nur noch nebeneinanderher gelebt haben, gibt es zu Einzelexemplaren immer noch eine sehr tiefe Verbindung. So fälle ich dann doch mal eine Entscheidung für das Buch und gegen eine Scheidung in Vorfreude auf weitere gemeinsame Jahre. Trotz aller Aufräumwut gelingt es auf diese Weise Härtefälle zu vermeiden.
Comments

Sonntag

Wie schön sind Sonntage für Privatiers - man entspannt, harrt voller Erwartung was der Montag bringen mag und genießt schöne Gottesdienste - oder auch nicht, für den, der so etwas nicht mag, aber ehrlich, dann verpasst man wesentliches. Ein ruhiger, beschaulicher Sonntag, nette Gespräche, lehrreiche Predigten und dennoch genügend Ruhe. Möglicherweise nicht völlig perfekt, na und?
Comments

Entsorgungssystematik

Bei Ordnungsfetischisten kann mein Büro einen Allergieschock auslösen - erst starrer Blick, dann akutes Ganzkörperzittern und schließlich entschwindet das Bewusstsein. Doch jedes Chaos schreit nach Ordnung. Je größer die Unordnung, desto komplizierter die Lösung. Entsprechende Ideen entwickeln sich nur ganz langsam. In Einzelfällen dauert das Monate - so auch hier. Doch ab heute weiß ich, wie ich optimal vorgehen kann. Die Theorie steht und der Anfang ist gemacht. Am Montag beginnt der Showdown.
Comments

Fressorgien

Es ist kälter geworden und damit wieder Zeit zum Füttern der Vogelschar. Kaum ist das Futter entdeckt, was ausgesprochen schnell passiert, schon entbrennt der Futterkrieg. Anders kann man das Getümmel rund ums Futterhaus kaum nennen. Es hat den Anschein, als ob wir die einzigen im weiten Umkreis sind, die abholbereite Nahrung für unsere gefiederten Genossinnen und Genossen bereitstellen (was natürlich nicht der Fall ist). Die Grünfinken fressen was das Zeug hält, zwischendurch schnappt sich eine Meise mal ein Korn, ein noch nicht identifizierter, allein durch seine Größe Respekt erheischender, Vertreter pickt seelenruhig ein Körnchen nach dem anderen auf und bringt so Ruhe in die ansonsten wild durcheinander flatternden Fresskonkurrenten. Der Andrang ist gewaltig und so mampfen die kleinen beschaulichen Flattermänner und -frauen ein Haus an einem Tag leer. Respekt.

Außerdem bin ich ab sofort stolzer Besitzer der neuen Fahrkarte, die sich 'Schein' nennt, aber dennoch eine Karte ist. Alle Achtung, liebe Bürokraten, da ist euch ein kleines Meisterstück gelungen. Einer so dezidierten Aufteilung der Fahrzeuge in kryptische Klassenbezeichnungen ergänzt durch unerklärte Schlüsselzahlen im fließenden Wechsel mit Datumsangaben kann man ein anerkennendes tiefes Durchatmen nicht verweigern.
Comments

Schlafmützen

Das wird ja immer schöner! Wir wachen auf, blicken nichtsahnend auf die Uhr: 9:45 Uhr!!! Das ist doch unglaublich! Sind wir dem heimtückischen Winterschlafvirus endgültig erlegen? Ticken wir noch richtig? Es ist nicht zu fassen. So habe ich mir die Privatierszeit eigentlich nicht vorgestellt - schön ausschlafen ja, aber nicht Tagträumen erliegen. Wie regelt man früheres Aufwachen ohne den durch jahrzehntelange üble Erfahrungen vorbelasteten Wecktyrannen zu benutzen? Auf zum Mentalprogrammieren - der Königsdisziplin aller Asketen - allerdings mit einem sehr behutsamen Feintunig, damit ich nicht unverhofft um sechs Uhr morgens hellwach aus dem Bett springe.
Comments

Nässefolgen

Gestern trotzte ich dick eingemümmelt der Nässe, heute erliege ich ihren Wirkungen. Die Nacht über Husten, Schlafschwäche, frieren im Federbett sowie leichtes Kopfbrummen und heute Fortsetzung der Symptome. Hören die Erkältungstage denn niemals auf? Und das im ersten Jahr des Otiums, aber was soll's? Zeit habe ich ja, da verbessere ich halt die Nutzungsquote meines Bettes.
Comments

Lichterketten ade

Das absolute Ende der Weihnachtszeit findet seinen Ausdruck im Einmotten der Lichterketten und -netze. Heute war es soweit. Der Nässe trotzend sammelte ich alle Leuchtmittel ein, markierte die dazugehörigen Transformatoren und deponierte die Zeitschaltuhren für den nächsten Einsatz Ende diesen Jahres. Noch 325 Tage dann strahlen sie wieder!
Comments

Schuhnarren

In unserem Hause residieren zwei Schuhnarren. Der eine lässt sich viel Zeit mit Ersatzbeschaffungen. Schuhe, die fünf, sechs oder gar sieben Jahre Gebrauch durchstehen und dabei dicht bleiben, liebt er ohne Ende. Schuhe müssen nicht besonders schön sein, sondern besonders haltbar und möglichst kostengünstig. Mein Lieblingspaar signalisiert mir nun leider, leider schon einige Zeit, dass ein Besuch eines adäquaten Fachhandels äußerst geboten erschiene. Der heutige Tag war günstig: die Berufstätigen bevölkern wieder ihre Büros, die Läden sind leer und der Schlussverkauf drückt die Zahlen auf den Preisschildern. Erfolgreiche Bilanz: ein Citybesuch, drei Geschäftsaufenthalte, zwei Paar Schuhe, fünf Jahre Ruhe - perfekt.

Und der zweite Schuhnarr - ist weiblich, ähnlich gesinnt, nur dass der Zeitbegriff "Jahre" durch (gut aufgerundet) "Wochen" zu ersetzen, das "nicht besonders" vor "schön" ersatzlos zu streichen und mit gut 97% unserer Schuhlagerkapazitäten auszurüsten wäre. Im Grunde genommen sind wir beide uns sehr ähnlich, finde ich.
Comments

Gott und wir

Heute trafen wir uns wieder einmal zur Studierstube, einem ganz besonderen Hauskreis. Wir sprachen über das 6. Kapitel des Buches Micha. Sehr nachdenklich gestimmt hat mich dabei, dass die Vorstellungen darüber, wie wir Menschen Gott dienen sollten sehr unterschiedlich sein können - nicht nur zwischen den Menschen, nein, Gott selbst hat da oft ganz andere Gedanken, als wir. Wir meinen, dass Gottesdienstbesuch, eventuell Bibelstunde, beten und spenden im Vordergrund stehen aber Gott sieht auf die praktischen Auswirkungen: gehen wir ehrlich mit unseren Mitmenschen um, hassen wir Betrug, steht das Wohl unserer Kunden (...Geschäftspartner, Arbeitgeber, Kontakte ...) im Vordergrund oder sehen wir nur zu, dass wir "unser Schäfchen ins Trockene" bringen? Frommes Brimborium wandelt sich erst dann zum "guten Tun", wenn der Alltag dazu passt. Vorteilsucher können noch so fromm tun, Gott beeindrucken sie damit nicht. Geiz mag geil sein - Gottes Ding ist er nicht.
Comments

Kontenpflege und Konzertantes

Mein Zeit, wäre ich ein Buchhalter, schade um die Bücher! Aber ich habe es wieder mal gepackt, meine doppelte Buchführung stimmt. Sie ist zwar anders doppelt, als das Original, aber immerhin doppelt. Kurz - ich hatte ein Erfolgserlebnis.

Traditionell findet in der Weyhäuser Kirche jeden ersten Samstag im Jahr ein hörenswertes Konzert statt. Sogar unser Auto sprang zu diesem Anlass wieder an. Beschwingt und begeistert lassen wir jetzt, im Anschluss daran, den Abend ausklingen.
Comments

Spannungslos

Ein nettes Tagesprogramm: ein paar Überweisungen imcl. Kontenpflege, dringend notwendige redaktionelle Updates auf etlichen Internetseiten und ansonsten ein wenig lesen. Bereits die Kontenpflege lief mühsam an - die Übersicht stellte sich nicht so recht ein. Dann der qualvolle Hilferuf: "Das Auto springt nicht an!" Ich hab's geahnt, als wir uns entschieden mit nur einem fahrbaren Untersatz auszukommen - das konnte nicht gutgehen. Und es ging nicht gut. Die Innenleuchte schaltet sich beim Einsteigen problemlos ein, die Instrumente sind hervorragend beleuchtet, doch wenn man unverdrossen den Schlüssel dreht, keucht der Anlasser, rasselt noch ein wenig und Pustekuchen, aus, Ende. Wie ich jetzt weiß standen uns zwei Wege offen:

Weg 1: Werkstatt anrufen, abschleppen lassen und für 3 Tage einen Ersatzwagen erhalten - die Mobilitätsgarantie. Aus Unwissen von uns nicht gewählt.

Weg 2: Freund anrufen, Starthilfekabel besorgen, Auto starten und zur Werkstatt fahren. Da wir die Werkstatt aus eigener Kraft erreicht haben, kommt die Mobilitätsgarantie nicht zur Eisenbahn, respektive zum Zuge und es gibt keinen Ersatzwagen. Dumm gelaufen. Da die Batterie durch die kurze Fahrt wieder ein klein wenig aufgeladen war, sprang unser Gefährt wieder an. So konnten wir uns, mit guten Wünschen versehen, wieder nach Hause begeben, ein Ladegerät anschließen und hoffen. "Mit der Hoffnungslosigkeit beginnt der wahre Optimismus." (Jean-Paul Sartre)
Comments

Lazy Bones

Oh wie schön beginnt das Jahr. Ausschlafen bis die Augen von allein aufgehen, spätstücken und es folivoramäßig angehen lassen. Klasse! So nebenbei habe ich gelernt, dass in alten Backöfen eine 40 Watt bis 300 Grad hitzefeste Glühbirne für Helligkeit sorgt, die auch heute noch schnell beschaffbar ist. Dann konnte ich drei längst gelesene Krimis noch einmal optisch durchwandern und die lieben Vögelein draußen vernachlässigen - bei 6 Grad plus sollen sie sich gefälligst selbst ihr Futter suchen - diese "Haare-vom-Kopf-Fress-Spezialisten". Daneben Kerzenduft mit ausklingenden Weihnachtsgefühlen, wohliges Suhlen in der passiven ATZ sowie ein stilles Gedenken an die Kollegen, die bald wieder büroliche Präsenz zeigen müssen. Carpe diem, liebe Freunde.
Comments

SES ... . ... ... . ... ... . ... ... . ...

Mein Neujahrsprogramm: Schlafen - essen - schlafen oder kurz SES (dreimal kurz, einmal kurz, dreimal kurz). Happy Heilung!
Comments