Weltschmerz

Wenn man alle Krimis kennt und die neuesten Produktionen nur grauslich findet, dann (endlich) öffnet sich bei Spießern wie mir - Spießer, was für ein wohlgerüchiger Begriff, keiner, der linken Ideologien hinterher hetzt, keiner, der sich fast „ins Hemd macht“, wenn er mal völlig unbeabsichtigt eine Äußerung jenseits der „In-Norm“ tätigt und keiner, der eigene Gedanken scheut - mithin bei freidenkerischen Spießern, der Horizont für die vielen hochinteressanten Dokumentationen der Bildermaschinen. Heute glänzt ein Sender mit einem Bericht über die Tourismuskrise der Türkei. Ich staune wie schnell Touristenströme eine neue Orientierung erfahren können und ganze Branchen durch chaotische Politik plattgewalzt werden. Touristen scheinen ein scheues Wild zu sein, leicht zu verschrecken und leicht zu vergraulen. Selbstverständlich, ideologiegeprägte Senderkultur, sind auf einmal die Flüchtlinge im Blickpunkt - sie in einem Atemzug mit Touristen zu nennen, scheint mir etwas weit hergeholt, aber anders hätte der Beitrag wohl kaum seinen Weg in den Sender gefunden. Heimatlos, individuell hoffnungsfroh auf Europa und dennoch perspektivlos, wenn sie dort ankommen, (noch) keinen Weg zurück und einen (meist) in der Fragwürdigkeit endenden Weg vor sich, welch eine bescheuerte Alternative. Ob ein Architekt, Bauunternehmer oder Galerist sich als Kellner, Hilfsarbeiter oder Gelegenheitsjobber wirklich wohl fühlt? Ich glaube es nicht. Sicher besser als ein heimatloser Flüchtling, aber befriedigend ist die Arbeit für ihn keinesfalls. Wie sollen sich zwei völlig gegensätzliche Kulturen verzahnen? Wir schaffen das? Mag sein, möglicherweise in der 3. Generation - aber sicher ist das nicht. Ganz und gar nicht. Schade.
blog comments powered by Disqus