Graustufen

Alarmstufe Grau! Jedes Jahr um diese Zeit reißt mich dieses Warnsignal aus meiner Beschaulichkeit. Ich sitze im Bus, mitten drin, lauter Grauköpfe um mich herum: Seniorenausflug! Noch mag ich in dieser erlauchten Runde zu den Jüngeren gehören - vom Jüngsten bin inzwischen Jahrzehnte entfernt. Der Ältesten rücke ich dagegen näher auf den Pelz. Das muss man erst einmal unter seine Fittiche bekommen! Ausgestattet mit zehn gut ausgebildeten Magenta-Daumen lausche ich den Geheimnissen der Orchideenzucht. Hochinteressant so hinter die Kulissen einer Edelpflanze zu schauen, ihre Entwicklung, Hege und Pflege, ihre Animositäten und Vorlieben anschaulich und nachvollziehbar in meine Ohren dringen zu lassen. Wir von der Magenta-Fraktion signalisieren in Pflanzlergruppen immer höchste Zuhörbereitschaft. Die Realität ist nichtsdestoweniger völlig anders. Magenta ist bekanntlich die Komplementärfarbe zu grün. Komplementärfarben ergeben miteinander gemischt einen neutralen Grauton. Das spiegelt recht exakt den Zustand wider, den jegliche Flora annimmt, wenn die Grün-Daumen-Fraktion uns eine längere Zeit deren Pflege überlässt. Das sollte sie tunlichst vermeiden um das Überleben ihrer verwöhnten örtlich arg fixierten Wohnzimmer- und Beetgefährten zu sichern. Nach dieser wunderhübschen Theorielektion speisen wir - eher praktisch - Forelle oder Ragout. Beides ist lecker für beide Daumenarten. So versöhnt sich Gegensätzliches. Nach der Andacht bei der EFG in Uelzen (Baptisten) rieselt eine wenig Rost aus meinen grauen Zellen und archivierte Daten aus längst stillgelegten Hirnparzellen erwachen zu neuem Leben: Hier war ich doch schon mal!!! Richtig, bei unserer Planungstour vor Jahrenden haben wir uns auch hier über die Arbeitsweise unseres avisierten Architekten informiert. Ich kenne den Saal! Was mag sich in diesen geheimnisvollen Parzellen noch verbergen? Das umhüllen graue Nebelwände. Grauslich.
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