Würge-Efeu

Mitten in der Nacht, so gegen halb acht, rumpelt und pumpelt es auf unserer Terrasse. Männer murmeln vor sich hin, diskutieren, erteilen Anweisungen. Die Dachdecker sind da. Meine hochsensible Bettnachberin hält es nicht in den Federn. Sie will mitreden. Soll sie doch. Besuch vor halb zehn will ich nicht sehn. Basta. Zu privatiersfreundlichen Zeiten nehme auch ich Kontakt auf und kläre, was zu klären ist. Ein Frühstück, eine Andacht und zwei Zeitungen später marschieren wir auf unsere Lichtung. Eine Krone wurde durch den Sturm tief erniedrigt und hängt im Zaun. Zwei weitere Ex-Spitzen inspizieren die kleinen Maispflanzen auf dem Acker nebenan. Unser Feriengast und ich schnappen uns drei Sägen und trennen Äste vom Stamm. Die nackten Überbleibsel können sich nach einer Trocknungsphase auf unseren Kachelofen vorbereiten. Erst spenden sie Schatten, dann Wärme - so soll es sein. Zwischendurch befreien wir ein paar treue Birken vom Würgegriff kriminellen Efeus. Fast unterarmdicke Strangulierwurzeln krallen sich saufest um den armen Stamm und nehmen ihm jegliche Entwicklungsmöglichkeiten und dünne Mordsprossen bohren sich in jede Rindenlücke. Mistefeu. Ob unsere Aktion nachhaltige Wirkung entfalten wird bei diesem kletterpflanzenverseuchten Boden bleibt zweifelhaft. Regelmäßige Kontrollen bleiben angesagt. Ich und regelmäßige Kontrollen? Zweifel sind angebracht. Große Zweifel.
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