Emotionsgewitter

Gestern lamentiere ich noch über Dokumente auf der Flucht und heute stelle ich den Übeltäter. Der hat sich doch glatt in einen Stapel alter Zeitschriften geschmuggelt, der Schlingel. Eine weitere gute Nachricht: wir finden endlich ein Platz in einer Kurzzeitpflege - Gott sei Dank!!! Ein Krankenbesuch dagegen verdeutlicht mir, was das geflügelte Wort „Himmelhochjauchzend - zu Tode betrübt“ in der Praxis bedeutet: rasante Stimmungssprünge auf hohem Niveau. Wir Menschen sind schon komplizierte Geschöpfe. Nachmittags lese ich eine Krimireihe, wortreich und ausdrucksstark formuliert, so richtig ans Herz gehend, eine Art Lore-Roman für Krimifans. Ich tauche tief in den Plot ein, rücke den Hauptdarstellern dicht auf den Pelz, leide mit ihnen, blende den absolut illusionär konstruierten Handlungsrahmen aus und bin voll gerührt. Tränen kullern über meine Wangen, nicht viele aber ein paar verschämte doch schon. Überwältigend wie der Verstand retirieren und so die geistigen Tore für emotionales Wellenreiten weit öffnen kann. Und das bei mir, der ansonsten alle gefühlsmäßigen Urteile streng hinterfragt. Ob jeder Mensch so eine innerempathische Kuschelecke besitzt? Nach außen sich ernst gebend und im innersten streng abgeschotteten Sperrbezirk eine Emotionsoase tobender Sensibelchen pflegend? Wir Menschen sind schon komplizierte Gebilde. Das bemerkte ich wohl schon? Scheint aber wahr zu sein.
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