Staufreuden

Wir nehmen Abschied vom Rhein mit einer kleinen Tour bis St. Goarshausen mit einem Zwischenhalt im öden Kaub (wenn man schon so heißt). Bei einem Gang durch die sogenannte St-Goarshausener-„Altstadt“ bemerken wir unverzüglich die Ähnlichkeit mit Kaub, so fällt uns der Abschied leichter und wir fahren zwecks Autobahnstauvermeidung über Limburg an der Lahn. Dort geraten wir in unseren ersten Bundesstraßenstau. Mal etwas anderes. Der Kreativität regionaler Bauhöfe sind keine Grenzen gesetzt und so schließen sie einfach eine vierspurige (neuerdings: vierstreifige, bei der Bundeswehr wäre das ein Stabsgefreiter), mithin stabsgefreite vielbefahrene, sehr vielbefahrene, Bundesstraße und leiten den Verkehr auf normalbefahrene andere Straßen um. Das wäre ja nicht weiter schlimm, wenn nicht wir mittendrin steckten. Unser Navi leitet uns nach einem kurzen Blackout auf eine spannende Nebenstrecke, hauptsächlich von Wandersleuten frequentiert, die uns über einen Betriebshof einer Museums-Grubenbahn führt. Heute ist Aktionstag. Eine Lok pfeift und qualmt vor sich hin, vor einer Weiche hockt in einer historischen Weichenwärterschutzhütte ein Akteur und wartet auf seinen Einsatz. Leider sehe ich das nur aus einem Augenwinkel heraus, denn ein Halt verbietet sich bei noch gut dreihundert avisierten Straßenkilometern. Den Gießener Ring lernen wir auf diversen Autobahnabschnitten kennen. Wir werden ihn nicht vermissen. Staufrei geht es über Marburg nach Kassel. Dort ereilt unser Navi ein Autobahnstaualarm. Intelligent leitet es uns durch vielerlei Haupt- und Nebenstraßen bis in einen massiven Bundesstraßenstau hinein. Gut gemacht. Dort treffen sich alle, die ebenfalls auf ihr Navi gehört haben und die Umgehungsstrecke auswählten. Es sind sehr, sehr viel Naviknechte beieinander. Aber 11 Kilometer Autobahnverkehrsstillstand sind zugegeben eine starke Motivation. Irgendwann löse ich mich aus dem Klüngel und versuche mich auf einer autobahnbefreiten Strecke. Viele, viele Kurven und Ortsdurchfahrten später wagen wir uns in Göttingen doch auf die A 7. Es geht gut bis Seesen. Im allgemeinen Stillstand kündigt uns Navileinchen ein 50-minütige Verspätungszeit an. Also ab durch den Harz, quer durch Salzgitter und auf die A 39. Ein feudales Mahl beim Schachtweggriechen schafft eine gourmantische Abrundung dieser endlos langen Tour. Der psychisch relevante Straßenstau verwandelt sich sozusagen in einen physisch wohltuenden Verdauungsstau. So baut man Stress ab! (Leider auch Gewicht auf.) Nothing is perfect.
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