Tauchgänge
23.10.13 22:02 2013102013
Ich habe zuviel Phantasie. Sie nimmt mich an die Hand und führt mich in das Buch hinein, das ich gerade lese. Die Figuren werden lebendig, ich fühle, leide und liebe mit ihnen. So lese ich gerade eine Reihe von Schärenkrimis - ich nenne sie so, denn sie spielen in der schwedischen Schärenlandschaft. In einer Nebenhandlung, die sich durch alle Bücher zieht, verschlechtert sich eine mit zwei Kindern gesegnete Ehe von Band zu Band. Ich leide mit der Ehefrau, rege mich über den total eigensüchtigen Gatten auf und ereifere mich über seine Kompromisslosigkeit. Ich verzweifle ein wenig an den (für Männer) nervigen Gefühlswallungen seiner Gattin. Ich finde all die Männer- und Frauentricks, den Betrug und die Lügen, bei im Scheitern begriffenen Beziehungen wieder, die mir aus unserem Bekanntenkreis durchaus wohlgekannt sind. Obwohl sie mich bislang (hoffentlich bleibt es so) nicht persönlich betreffen, Gott sei Dank, bin ich nicht besser, eher unverdient bewahrt. Sie nehmen mich emotional stark mit und stimmen mich traurig. Wie kann man nur so tief in Geschriebenes eintauchen? Möglicherweise, weil ich nach außen eher kühl und abweisend wirke und erst nach ein, zwei Gläsern Rotwein (alternativ nach Rebensaft in der weißen Version) meine Hemmungen ablege und meine Zunge sich löst? Wie dem auch sei, irgendwie sind diese "Tauchgänge" toll. Ich möchte sie nicht missen.
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