Passiv am ersten Tag

Ab dem 1. Oktober 2012 lebe ich, wie die bereits erwähnten grauen Männer, vom angesammelten Zeitguthaben. Einen kleinen, feinen Unterschied gibt es doch: ich profitiere von eigener und nicht von geraubter Zeit (wer das nicht versteht möge "Momo" lesen).

Voller Freude und mit klarer norwegischer Sonne beginnt der erste Tag meiner passiven Zeit. Die Polarlys wird mich noch zweieinhalb Tage in die neue Zeit hineinbegeleiten. Könnte es schöner beginnen? Ich genieße die Zeit an Bord, die ausführlichen Mahlzeiten, den wohltuenden Blick auf die steilen Küsten, umrahmt von blauem Himmel und ebensolchem Meer - letzteres allerdings einen Tuck dunkler.

Die Häfen von Bodø und Ørnes verschlafen wir einfach, aber den Polarkreis überqueren wir hellwach. Ein kurzer Halt in Nesna, einem alten Handelsstädtchen mit rund 1.000 Einwohnern. In Sandnessjøen, dem Zentrum für Handel und Verkehr in der Region Ytre Helgoland - wie uns unsere Reiseleitung belehrt, bleiben wir eine knappe Stunde und können die Statue des berühmten, aber mir leider völlig unbekannten, norwegischen Poeten und Pfarrers Petter Dass anschauen.

Wir schippern weiter bis nach Brønnøysund, einem kleinen Städtchen mit 4.500 Einwohnern. Gegen halb sechs erreichen wir dann das Highlight des Tages, das berühmte Loch von Trorghatten - ein Berg mit einem großen Loch um das sich viele Legenden ranken. Nun ja, manch einer entwickelt eine lebhafte Phantasie - auf mich wirkte er wie ein von Wind und Regen zerfressener Felsen mit Loch. So etwas gibt es halt.

Unser Abschieds-Abendessen, ganz normal nur mit einem durch Feuerwerkskörper verzierten Dessert, das die Küchencrew durch das üblicherweise applaudierende Publikum trug. Der Nachtisch wurde dann allerdings so schnell serviert, dass sich der Verdacht verdichtete, dass nur für diesen Zweck präparierte Attrappen durch die Gänge getragen wurden, funkensprühende Potemkinsche Dörfer sozusagen. It was really nice.

Ein einstündiger Hafenaufenthalt in Rørvik beendete das Tagesgeschäft der Mannschaft. Nur der Autopilot und die Brückenwache arbeiteten durch. Ein nächtliches Stürmchen schaukelte uns in den Schlaf.

Den Anfang der Reise findet Ihr hier.
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