Maria die Vielgeplagte

Heute hören wir einen Vortrag über Maria von Wedemeyer, der Verlobten Dietrich Bonhoeffers. Das Leben hatte eine fest gedrückte Wagenladung harten Tobaks für sie parat. Die arme Frau. Als junges Mädchen von einem doppelt so alten Mann begehrt, geht sie nach langer Überlegung eine Verlobung ein. Nicht unverständlich, denn Bonhoeffer war - da gibt es kaum einen Zweifel - eine faszinierende Persönlichkeit. Und doch unverständlich, denn sie war ja eine junge lebensfrohe Person, die nicht unbedingt zu einem mitten im Widerstandskampf stehenden mittelalterlichen Pastor passte. Immerhin hat sie trotz der äußerst kritischen Meinung ihrer Mutter aus freien Stücken aus sich heraus ein "Ja" zu ihm gefunden. Dann wird ihr Verlobter verhaftet. Sie kümmert sich intensiv um ihn bis er unvermutet verlegt wird und sein neuer Aufenthaltsort ihr verborgen bleibt - ein Konzentrationslager wird angedeutet. Wenig später wird er hingerichtet doch sie erfährt monatelang nichts von seinem Schicksal. Mitten in diesem Schlamassel muss sie noch einen Flüchtlingstreck von Verwandten sicher aus Pommern nach Celle organisieren und führen. Mit Zwanzig! Wie wird man damit emotional fertig? Obendrauf kommt noch das Packerl der völlig sinnentleerten Hinrichtung ihres Verlobten kurze Zeit vor Kriegsende. Was macht das alles mit ihr? Davon ist nichts zu erfahren. Sie wandert in die Vereinigten Staaten aus, ist im Computerbereich tätig, sie hat zwei Kinder, ihre zwei Ehen scheitern und sie stirbt Anfang 50 in Deutschland an einer Krebserkrankung. Bestattet wird sie in Gernsbach westlich von Stuttgart. Welch ein tragisches, kurzes Leben! Wie mag es in ihr, tief drinnen, ausgesehen haben?
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